Samstag, 17. November 2012

Das Paket

Es ist früh am Morgen. Zu früh. Um diese Zeit schlafe ich noch. Und deshalb bin ich im Pyjama, als der Postbote mir das kleine Paket übergibt. Es hat die Maße einer Schuhschachtel.
Den Absender kenne ich nicht und bestellt habe ich auch nichts in den letzten Tagen. Aber Name und Adresse auf dem Paket stimmen. Der Postbote schaut mich an. Ich schaue ihn an.
„Nun?“, fragt er.
„Ich weiß nicht“, sage ich.
„Bitte hier unterschreiben.“ Ich unterschreibe. Er geht und ich stehe da. Mit dem Paket.
Zuerst lege ich es einmal auf den Küchentisch und koche mir Kaffee. Ich zähle die Löffel Pulver und denke dabei darüber nach, ob ich nicht vielleicht doch etwas bestellt habe. Nein! Mir fällt absolut nichts ein. Das war ein Löffel zu viel, oder zwei? Egal, ich stelle die Maschine an. Die ersten Tropfen, ich freue mich auf das braune Gebräu und nehme mir das Paket wieder zur Brust. Es ist leicht. Kein Absender drauf. Nur mein Name. Meine Adresse in sauberer Schrift. Frauen- oder Männerhandschrift? Ich weiß es nicht. Kann man das unterscheiden? Ich schüttle, höre aber nichts. Seltsamer Morgen.
Da klingelt das Telefon.
„Hallo?“, sage ich. Auf der anderen Seite … Stille. Dann tut-tut-tut … aufgelegt. Erst ein Paket ohne Absender, jetzt ein Anruf ohne Anrufer. Vielleicht schlafe ich noch und träume? Wo ist der Ausgang aus diesem Traum? Das Telefon klingelt wieder.
„Ja?“, sage ich. Stille und dann tut-tut-tut.
Die Kaffeemaschine ist fertig und faucht noch ein letztes Mal. Erst mal ein Schluck Kaffee. Es waren wohl doch zwei Löffel zu viel. Schadet aber nicht, sage ich mir. Was bewirkt eigentlich eine Tasse Kaffee im Traum, geht mir durch den Kopf.
Ich schalte das Küchenradio ein. Acht Uhr. Die Nachrichten. Acht Uhr! Seltsam, so früh kommt der Postbote doch sonst nie? Der Nachrichtensprecher wird durch eine Störung im Radio unterbrochen. Ich spiele an der Antenne, finde aber den Sender nicht wieder und schalte das Radio aus.
Es ist still in der Wohnung. Ganz still. Kein Radio. Die Kaffeemaschine faucht nicht mehr. Kein Telefon. Ich stehe da mit dem Paket in der Hand. Ich schüttle: nichts.
Und in dieser Stille und mit diesem Nichts in der Hand warte ich nur noch darauf, dass der Postbote an der Tür klingelt, um mir ein Paket zu bringen …

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

toller text, voll an stillen geheimnissen...!
renée

Bernd Balder hat gesagt…

Danke dir, liebe Renée.

LG und dir einen schönen Sonntag,
Bernd

isabella kramer - veredit hat gesagt…

WOW!!

ein völlig neue seite an dir. eine grandiose art zu schreiben, packend vom ersten satz an ...


helle grüße in einen grauen tag,
isabella

Bernd Balder hat gesagt…

Vielen Dank, liebe Isabella. Es freut mich, wenn auch meine Prosatexte ankommen. ;-)

LG
Bernd