Freitag, 26. Dezember 2008

Der Stock

Der alte Mann versetzt
mit seinem Stock
bei jedem Schritt
der Mutter Erde
einen Stoß:

noch
hast
du
mich
nicht


.

Dienstag, 23. Dezember 2008

Tag und Nacht

menschenleer
die straße
nach nichts
unbegleitete
schritte voran
ins ungewisse
lächelndes
vertrauen
in tag und nacht


.

Freitag, 19. Dezember 2008

frohes fest

die nasenhaare
lass ich wachsen
den kopf rasieren

lege rouge auf
strecke die zunge
weit aus dem hals

gehe rückwärts
durch den
einkaufstrubel

und kaufe
mir eine
weihnachtsfrau


.

Freitag, 12. Dezember 2008

Talisman

Lächeln
erstarrt an den
steilen Klippen
der Zukunft

Schonungslose Brandung
betäubt die Ohren
und Hoffnung
zerschellt

Um den Hals
hängt mir
ein Talisman
und schweigt


.

Samstag, 6. Dezember 2008

Die Zeit ist gut
ich fühle mich frei
und Helfer tragen mir
meine Sorgen nach


.

Freitag, 5. Dezember 2008

Sternschnuppe

Jetzt, da das orakel
verstummt ist
lege ich meine
arme um dich

komm lass uns
warten heute nacht
auf die sternschnuppe
der leidenschaft

wie sie flammt
aus dem himmel
auf unsere erde vielleicht
oder vorbei in die Ewigkeit



.

Freitag, 28. November 2008

Offene Weite

Streichst mir
noch mal
durchs Haar
ganz sanft

Ich suche
deine Augen
und sehe
offene Weite

Meine Arme
schließen sich
durch dich
hindurch

Grenzenlos
falle
ich mich
frei



.

Freitag, 14. November 2008

Steril

Ein Rabe
über Glitzerfassaden
krächzend kreisend

er wirft Schatten
auf Schreibtische
und Bilanzen

auf matte Augen
die ihm zu folgen
viel zu müde sind

und dichte Fenster
lassen seinen Schrei
ungehört verhallen


.

Dienstag, 11. November 2008

Lebenssinn

Er hat seine Arbeit für heute getan. Die Aktentasche unter den Arm geklemmt, springt er in den nächsten Bus. Die Dauerkarte im Jacket. Steigt nach 3 Stationen wieder aus. Altstadt. Zweimal links um die Ecke, dann einmal rechts. In die Alte Gasse. Die antike Tür öffnet sich quietschend und entlässt dicken Nikotinqualm und abgestandenen Biergeruch. Quietschend fällt sie hinter ihm zu.
Später, er hat genug für heute, vergisst die Aktentasche auf dem Tresen. Dort ist sie wie immer gut aufgehoben. Und morgen früh, auf dem Weg zur Arbeit, wird er an die Tür klopfen, der Wirt mit einem „Wir haben noch geschlossen!“ öffnen und ihm die Tasche zurückgeben. Und er wird einmal links und dann zweimal rechts um die Ecke biegen. In dieser lausigen Gegend. Und pünktlich die Haltestelle erreichen, um in den Bus zu steigen. 3 Stationen bis zu seiner Praxis.
Die Patienten werden schon auf ihn warten. Er wird ihrem Leben wieder einen Sinn geben. Dafür sind Psychotherapeuten schließlich da.


.

Dienstag, 4. November 2008


Opas Garten -
Unkraut rankt
um die Gießkanne


.

Sonntag, 2. November 2008

Die Gartenstühle
bald vom Herbstlaub begraben -
der Grill steht auch noch

.

Sonntag, 26. Oktober 2008

Abnabelung

Du treibst hinaus ins Leben
im Auf und Ab der Wellen
versuchst du
deine Richtung zu finden

Ich stehe am Ufer
und meine alten Augen
haben Mühe zu sehen
wohin der Strom dich führt



.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

leben

verminte gesichter
weißlackiert mit
geschminktem lachmund
oder gemalten tränen

bedroht durch gefühle
risse schaffen
leben


.

Freitag, 17. Oktober 2008

Fenster

Im offenen Fenster
spiegelt sich
die Welt
über herbstroten Bäumen
blauer Himmel
davor ein paar Wolken
ganz still

und wieder
Zweifel
an der Wirklichkeit

.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Nirgendwo

Hand in Hand
lass uns fliegen

hinweg über
Gedanken
und Gefühle

über tiefe Seen
die unsere
Träume spiegeln

durch den ewigen Nebel
hinauf zum alten
Bergdorf Nirgendwo

nach Hause
lass uns fliegen



.
Zerklüftete Gedanken

ihren Tälern entsteigt
modriger Nebel
auf den Höhen
eisige Felder

Wolken ziehen
darüber hinweg


.

Freitag, 19. September 2008

Szene am Strand

Endlos unser weißer Strand und
deine Silhouette verschwimmt
am Horizont

dein Fußabdruck im Sand
noch auf mich gerichtet
Gezeiten fluten alles
sie spülen ihn fort

es bleibt nur Wasser
meerblau zeitlos
ohne Gefühl
Ewigkeit
endlos



.

Samstag, 13. September 2008

Technik

Der Tempomat
arbeitet präzise
als die Katze
über die Straße läuft


.

Donnerstag, 4. September 2008

Seelenschneider

ganz ruhig
antwortet er
auf alle Fragen
die niemals
gestellt wurden

verlässt
seinen Schaukelstuhl
lächelnd läuft er
die Diele entlang
öffnet die Tür
und steht selbst davor


.

Samstag, 30. August 2008

Ausflug

Wo der Schmetterling
eifrig übers Land flattert
weiß vor grün
und die Sonne scheint

da sucht ein Kind
nach der Antwort
warum es
kein Bonbon bekommt




.

Samstag, 23. August 2008

Schattenspiele


Krähen kreisen
über Bürogebäuden

Schattenspiele
in den Fenstern

der Morgen
atmet Einheitsbrei

der Abend
spuckt ihn aus

Krähen
kreisen


.

Freitag, 22. August 2008

Schatten

Schatten
aus anderen Welten
liegen auf
der Gegenwart

Zeit
steht still
eine Kerze
im Wind

Zweifel
und Angst
kein Leben
ohne Licht



.

Freitag, 8. August 2008

Ungewaschene Hände

Ungewaschene Hände
greifen nach mir
in einer dunklen Ecke
meines Lebens

wahre Worte
befeuchten
mein Gesicht

zu flüchten
gelingt mir nicht

was bin ich schon?



.
Nach dem Gewitter -
ein paar Wolken
und ein Schmetterling


.

Samstag, 2. August 2008

Der Pfad

Dann
ganz leise
ein Glöckchen

Klingt fern
durch den Nebel
vom Gebirge her

Ich ahne nur
den Pfad hinauf
zur Hütte

Wo einst
Vater und ich
den Alten besuchten

Zeit wär's
ihn mal wieder
zu finden



.

Montag, 28. Juli 2008

Gefühlsherbst

Wir nähren uns
von den Spuren
unserer Gefühle

unter heiterem Himmel
lassen wir uns treiben
im Fahrwasser
der Vergangenheit

doch dunkle Wolken
ziehen auf
und frische Böen
bringen kühleres Wetter

wir gehen unverkennbar
unserem Winter
entgegen


.

Sonntag, 20. Juli 2008

Flügelschlag

Hätte ich Flügel
an solchen Tagen
ich würde

mit einem Schlag

die Wolken vertreiben
und längst Gestorbenes
wieder blühen lassen


.

Donnerstag, 17. Juli 2008

Gehimmelt

tragen die Knospen
neue Hoffnung
geben sich
der Wollust des Lebens
hin

im Sonnenbad
treiben sie
schamlos aus
versprühen
erregende
Duftkanonaden

geerdete
Schattenwesen
haben es schwer
in dieser Zeit

.

Freitag, 27. Juni 2008

Abgrund

Es sind
wenige Schritte
bis zum Felsvorsprung
ich gehe sie achtsam
setze einen Fuß
vor den anderen
mich irritieren nur
die polierten Schuhe

.

Freitag, 20. Juni 2008

So anders

Dein Lächeln
ist so anders
gestern noch
verfing ich mich darin
doch heute
suche ich vergeblich
nach dieser Fessel

Und du lächelst nur
an mir vorbei


Montag, 16. Juni 2008


Frühlingsimpression

Auf dem See
lässt sich eine Ente treiben
von Ufer zu Ufer -
ich würde wohl fliegen


Sonntag, 15. Juni 2008

Neue Wege

Komm mit mir
ans Ende

dorthin wo
die Ratten der Lüfte
kreisen

neue Wege
werden wir
finden

und die Ratten
der Erde
sein

furchtlos
vor Schönheit
und Reichtum

Samstag, 7. Juni 2008

Fremde See

Dein Boot treibt hinaus
auf die fremde See
du selbst

hast die Vertäuung
mit deinem Messer
gekappt und

bist nackt
vom festen Land
ins Unsichere gesprungen

nur noch sichtbar
in der Ferne
auf den Wellenhöhen

treibst du immer weiter
der ausblutenden Sonne
entgegen

Samstag, 31. Mai 2008

Geblieben

geblieben ist dir
der zweifel
füllt deine augen
tränenreich
in dem du dich
zuhause fühlen
würdest
du nicht weit weg
von gut und böse
sein
und dem leben
so wie es ist
ist es eben
sagen sie
schon wieder
und gerade jetzt
deine schritte vorwärts
weit fort

Sonntag, 25. Mai 2008

Zeit

Alte Zeit geht dich an
wird sehr persönlich
haucht dir
ihren Atem
aus Jahren
ins Gesicht

doch du
leidest
weil neue Zeit
dein zartes Genick
brechen wird
wenn du
dir treu bleibst
Abendlauf
als Zuschauer
am Wegrand ein Reh

Donnerstag, 22. Mai 2008


Träume


Träume
fett geworden
und unbeweglich
über die Jahre

sie kommen
wieder
jede Nacht

im selben
befleckten
Pyjama

wir kennen einander
zu lange, meine Träume
und ich

doch der Sandmann
begräbt uns gnädig
mit kindertauglichem Lächeln
unter seinem Traumsand

Montag, 19. Mai 2008

Der Bussard
kreist
über Beton

Freitag, 16. Mai 2008



Weiße Kirschblüten -
ihr Spiegelbild im Wasser
streichelt sanft der Wind



Dienstag, 6. Mai 2008

Matrix

Denkbar ein Fehler
in der Matrix
du verlierst
dein Ich
und gewinnst
Freiheit und Leben
In Paris oder sonstwo

Der Clochard
lädt mich ein
auf einen Schluck
in privater Atmosphäre
lassen wir es uns gut
gehen und genießen
die mit dem Allerweltsblick
und den flüchtenden Schritten

Freitag, 2. Mai 2008

Schneefall angesagt

Schon ärmellos
dem Kalender hörig
stehen sie nun
im Schneefall
und beklagen das Wetter
statt ihre Dummheit
Wolkenwege

Liebesbrücke
in die Wolken
über watteweißen
Teppich schweben
nackt wie gemalt
lächeln ohne Makeup

dort
wo Wasserdunstgebirge
unsere Träume rahmen
verschwinden wir im Nichts

Mittwoch, 30. April 2008

Liebe frisiert

Haben wir der Liebe erst
einen neuen Namen gegeben
ihr das Haar gemacht
sie frisch eingekleidet
unten an der Straßenecke
abgestellt

dann werden wir
sie neu entdecken
und ihr verfallen
ein weiteres Mal

Montag, 28. April 2008

Senryu

Die Kirschen blühen
am Grab des alten Meisters-
ich lache Tränen

Freitag, 25. April 2008

Turmgemäuer

fünfhundert Stufen Erinnerung
immer höher hinaus
über Heimat hinweg

noch einmal
unten am Ufer
ein Kind mit seinem
Papierschiffchen

bis hier hinauf
die alte Pausenglocke
und dann die Leichtigkeit
des Schülerlärms

an der alten Eiche
im Park bei den Enten
berühren sich
zwei

verliebte Blicke
übersehen den
vergessenen Schwur tief
in der alten Rinde

Freitag, 11. April 2008

Letzte Überfahrt

Ein letztes Boot
setzt heute noch über
ich springe auf und
Vergangenheit versinkt
in der Dämmerung


Kein Zurück
aus dieser Nacht


Als Zukunft
fern ein paar

winzige Lichter


Und der Wunsch
dich zu finden
dort drüben

BB, Samal Island (Ph) 2008

Freitag, 4. April 2008

Beflügelt

Kraftvoll
schwingt sich

der Riesenvogel auf


gleitet mit mir über
ebene Gebirge
trockene Gewässer
menschenlose Städte


und landet sanft
im Tal
der nicht geflossenen Träne -
traumlos

Sonntag, 2. März 2008

Das große Lachen

Du, verzeih,
bist nur eine Idee
eine von vielen

bist nicht
bleibst nicht
wurdest nur getäuscht

geschickt zwar
vom Leben
und so träumst du

wirst aber erwachen
und darüber lachen
das große Lachen

Freitag, 29. Februar 2008

Fortschrittsstrom

Menschlichkeit treibt
in Plastiktüten
auf dem Fluss
Mitleid klammert sich
an einen weitgereisten Koffer
und Liebe schaukelt
zwischen leeren Fässern

Der Strom
reißt alles mit
ins offene Meer
wo die toten Fische
leben

Sonntag, 24. Februar 2008



Vorbei am Fujisan


Im Shinkansen
schaue ich den Fujisan
die iPod-Generation
hört Hiphop
mit geschlossenen Augen

Fuji's Spitze
in Wattewölkchen verpackt
trotz Kopfhörer
dringt Lärm
an mein Ohr

Schon sind wir vorbei
was mir bleibt, ist Hiphop
ich wünsche mich zurück
auf den Kawaguchi-See
mit dir.

Sonntag, 17. Februar 2008

Die Welle des Fortschritts

Die Welle
läuft sanft aus
Fische am Strand
schnappen nach Luft
hoffnungslos
wie die Möwen
im Ölpelz
und mit der Ebbe
immer weiter zurück
das Wasser

Alltag

Ich reibe mich
am Alltag
offene Wunden
mit Erdbeereis
provisorisch gepflastert
die Brieftasche
voller Abziehbilder
von mir selbst
und in den Schuhen
meine schwarzlackierten
Zehennägel

Freitag, 15. Februar 2008

Wenn du
zu dir finden willst
darfst du nicht
den Spuren
der anderen folgen

Freitag, 8. Februar 2008

Dürre


Auf einer Wolke
aus Träumen
schwebe ich

hinweg
über Vergangenheit
und Zukunft

lasse alle Hoffnung fahren
und die Wolke zieht
sorglos

dem Regen entgegen


Spielzeug

Deinen Teddy finde ich
auf dem kalten Boden liegend


Du hast ihn vergessen
weil ich es eilig hatte
dich ins Bett zu bringen


lege ihn vorsichtig
in deinen Laufstall
und decke ihn warm zu.

Lebensuhr

Uhr droht -
großer Zeiger
hetzt den Kleinen

Possenspiel -
Ticktack
unser Leben

Ruhe erst
mit dem Sterben -
ein Augenblick

und so viele davor



Mittwoch, 30. Januar 2008

Morgennebel

Morgennebel
in der Regenstadt
Motorgeräusche
Autos schemenhaft
Hundegebell im Häuserblock
Katzen plündern
scheppernd Abfall
ein Zecher, durchnässt
sucht sein Zuhause
und die Straßenlaternen
verlöschen
wie feuchte Kerzen

Samstag, 19. Januar 2008

Die Krähe

Die Krähe draußen im Garten
sie macht mir Angst

hinterlässt mit ihren Krallen
flüchtige Spuren
im Schnee

hüpft auf den Fenstersims

beobachtet
deinen schweren Atem
regungslos
mit scharfem Blick

springt ab

und mit kräftigem Flügelschlag
schwingt sie sich hoch

in den Himmel hinauf

Freitag, 18. Januar 2008

Wenn

Hinter den Wolken versteckt
nicht weit von unseren Herzen
liegt das Geheimnis,
das uns den Weg zum Glück
eröffnen kann

wenn der Himmel
einmal aufklart

Freitag, 11. Januar 2008

Treibend

Durchdringende Stille
weckt mich
und ich liege
in einem Lotusblatt
treibend
auf dem kleinen Teich
gleich hinter unserem Haus

Mittwoch, 9. Januar 2008

Dämmerung

Wir gingen eigene Wege
als unsere Sonne
den Zenit längst
überschritten hatte

Es war Leichtsinn
getrennt in die drohende
Dunkelheit aufzubrechen

Langsam wird es Nacht
und keiner von uns
sieht noch
voraus

Ich habe Angst allein
Und du?

Sonntag, 6. Januar 2008

Narben

Du hast tief gegraben
wenn du mich berührt hast
und als du fortgingst
blieben Narben zurück

es fließt kein Blut mehr
alles ist verkrustet
doch ich wage nicht
daran zu kratzen

Samstag, 5. Januar 2008

Nur Gerüchte

Gerüchteweise
liebe ich dich nicht mehr
betrüge dich mit mir
schenke dir fremde Blicke
streichle dich ohne Hände

Gerüchteweise
bin ich tot

Freitag, 4. Januar 2008

Trost

Wenn der Wind dreht
und auf dem alten Fluss
Wellen sich türmen
die Zugvögel
in der Luft stehen
und dunkle Wolken
das Ende der Welt
verkünden

dann bin ich froh
in deinen Armen zu liegen
auch wenn du
schon lange fort bist